Österreichs Städte und Gemeinden stehen vor vielfältigen sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen: die Auswirkungen des Klimawandels, der demographische Wandel, wachsende soziale Ungleichheiten und die Bewältigung des Strukturwandels oder – gerade aktuell – Pandemien können die infrastrukturelle Versorgung von Kommunen nachhaltig gefährden. Um kritische Infrastruktur hinsichtlich der Energieversorgung für den Krisenfall zu rüsten, werden derzeit oft teure Notstromsysteme angeschafft, die über die eigentliche Versorgung in Krisenzeiten meistens keinen oder nur geringen Zusatznutzen bieten. Solche Notstromsysteme könnten jedoch prinzipiell einen Mehrwert im Sinne der Energiewende liefern, der über die Blackout-Vorsorge hinausgeht. Mit der Einführung des Erneuerbaren Ausbau Gesetzes ergibt sich künftig die Möglichkeit der Bildung von lokalen Energiegemeinschaften. Grundlegende Idee ist hier, lokal erzeugte erneuerbare Energie auch lokal zu verbrauchen, wobei Speicher hierbei helfen können. Energiegemeinschaften entstanden unter anderem durch die Idee, Anreize zu schaffen, privates Kapital für den Ausbau der Erneuerbaren Energien durch zusätzliche Incentives verfügbar zu machen sowie andererseits systemdienliches Verhalten (Verbrauch zu Zeiten hoher erneuerbarer Produktion) auch finanziell zu belohnen. Diese Trends wurden daher im kürzlich gestarteten Smart City Projekt „RES² Community“ aufgegriffen und sollen in einem realen Setting in der Marktgemeinde Neudörfl im Burgenland beforscht werden.
Nachhaltige Energieversorgung
Das Projekt zielt darauf ab, eine Erneuerbare Energiegemeinschaft in Neudörfl zu implementieren und so der Energiewende lokal einen entscheidenden Schub zu versetzen. Die Erneuerbare Energiegemeinschaft in Neudörfl wird durch die Einbindung der lokalen Stakeholder in einem partizipativen Design entwickelt und somit auf die Bedürfnisse künftiger Teilnehmer*innen zugeschnitten. Bewusstseinsbildung zu den Themen Energiewende und Klimaschutz, die synergetische Nutzung von energietechnischen Einrichtungen im Sinne einer krisensicheren Versorgung als Blackoutprävention und neue offene Kommunikationsstandards für Echtzeitdaten sind Teil der Forschungsaktivitäten im Projekt. Eine weitere wichtige Komponente ist die energieträgerübergreifende Umsetzung (Strom und Wärme).
Richtungsweisendes Projekt
Der Leiter des Projekts Markus Puchegger, Researcher bei der Forschung Burgenland, sieht die Gründung der Energiegemeinschaft richtungsweisend für eine Energiewende: „Die Bildung von Energiegemeinschaften stellt eine große Chance dar, sich im lokalen Umfeld für die Energiewende zu engagieren. In unserem Projekt wollen wir durch die Implementierung einer Energiegemeinschaft zusätzlich die Versorgungssicherheit erhöhen und die Blackoutvorsorge in der Marktgemeinde Neudörfl in den Fokus rücken“.
Bürgermeister Dieter Posch sieht im Projekt einen wesentlichen Schritt zur Erhaltung bzw. Erhöhung der Lebensstandards in der Gemeinde. „Neudörfl ist – obwohl eines der wenigen Industriezentren im Burgenland – eine Gemeinde mit höchster Lebensqualität. Das Projekt RES² Community hilft uns dabei, diesen Status abzusichern und weiter auszubauen. Wir zeigen dabei, wie Industrie, Energiewende und Bürger*innenbeteiligung gemeinsam funktionieren können“.
Für dieses Projekt haben sich verschiedene Partner aus der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in einem Open Innovation Ansatz zusammengeschlossen. Die Leitung übernimmt die Forschung Burgenland, welche gemeinsam mit der TU Wien, der Energie Burgenland AG, der Fundermax GmbH, der Kelag Energie & Wärme GmbH und der Marktgemeinde Neudörfl bis August 2024 intensiv daran arbeiten wird, ein erfolgreiches Vorzeigeprojekt zu schaffen, das als Beispiel für weitere Erneuerbare Energiegemeinschaften dienen soll.